Am vergangenen Freitag hat eine vierköpfige Gruppe junger Neonazis im Dresdner Stadtteil Striesen mehrere Plakatierteams angegriffen. Zuerst zwei Gruppen, die für die Grünen plakatierten, und anschließend eine Gruppe, die für die SPD Plakate hing. Bei den Angriffen wurden mindestens zwei Personen verletzt, darunter der SPD-Europapolitiker Matthias Ecke schwer. Der mutmaßliche Haupttäter Quentin J. stellte sich nach etwas mehr als 24 Stunden der Polizei. Nur zwei Tage zuvor, am 1. Mai 2024, beteiligte er sich noch an einer Demonstration der Freien Sachsen, einer Wahlkampfkundgebung der AfD und einer Aktion der neonazistischen Kameradschaft „Elblandrevolte“.
Am 1. Mai 2024 fanden in Dresden mehrere Veranstaltungen aus dem rechtsnationalistischen Spektrum statt. Um 12 Uhr riefen die Freien Sachsen zu einer Demonstration zum „Tag des Widerstands 2.0“ auf. Etwa 300 Demonstrant*innen versammelten sich an der Lingnerallee in der Nähe des Dynamo-Stadions. Angeführt von Max Schreiber und Jens Lorek zog die Demonstration zur Staatskanzlei. Direkt hinter dem Fronttransparent mit der Losung „Scholz, Habeck, Lindner & Co das Handwerk legen: Stoppt den Raub. Steuern runter.“ versammelte sich eine Gruppe junger Neonazis unter einer Reichsflagge: die seit Februar aktive Kameradschaft „Elblandrevolte“ – und mit ihr der 17-jährige Quentin M. J.
Die Resonanz auf die Demonstration blieb weit hinter den Erwartungen der Organisator*innen zurück. Es gelang nicht, an die Demonstration am 8. Januar 2024 anzuknüpfen. Damals schlossen sich mehrere tausend Menschen dem Neonazi-Aufzug an. Entsprechend schnell war die Demo diesmal vorbei. Teile der Demonstration zogen weiter in die Innenstadt und steuerten als nächstes die Wahlkampfkundgebung der AfD an. Dort hatte bereits der wegen möglicher Geldzahlungen aus Russland und einer Spionage-Affäre unter Druck stehende Maximilian Krah gesprochen, später folgte Parteivorsitzender Tino Chrupalla. Die Gruppe von Elblandrevolte rund um Quentin M. J. dürfte dessen Reden gehört haben. Fotos und Videos zeigen sie auf der AfD-Kundgebung unter anderem im Gespräch mit René Hauser, der bei AfD-Veranstaltungen regelmäßig als Ordner auftritt und für die AfD im Ortsbeirat Cotta sitzt. Obwohl teilweise vermummt und durch einschlägige Kleidung unübersehbar, wurde die Gruppe von der AfD geduldet.
Von der AfD-Kundgebung zog die Elblandrevolte dann zu einer eigenen Aktion weiter. Zwölf Neonazis, darunter wieder Quentin M. J., bewegten sich zum Bahnhof Neustadt und zogen von dort über die Großenhainer Straße auf die Petrikirchstraße. Dort posierten sie in der Nähe der „Chemiefabrik“, einem Club, in dem vor allem Punk-, Hardcore-, HipHop-Acts auftreten und in den Augen der Neonazis als „links“ gilt. Auf dem Transparent stand die Losung: „Das System ist am Ende! Wir sind die Wende! #systemexit“, sowie die URL der Jungen Nationalisten. Mittlerweile hat die Gruppe das Foto von ihren öffentlichen Kanälen entfernt. Wortführer waren der aus Görlitz stammenden Finley Pügner, sowie der Dresdner Kurt Altrichter und eine Person aus dem Raum Meißen mit dem Instagram-Nickname „Kixy“. Die Gruppe trat in den letzten Monaten wiederholt in Erscheinung und fokussiert dabei vor allem die politischen Gegner: Unter anderem mobilisierte Elblandrevolte am 15. April 2024 nach Bautzen. Auf den Zugfahrten von und nach Bautzen wurden Bahnreisende und linke Personen attackiert. Teil der etwa 30-köpfigen Gruppe auch hier: Quentin M. J. Außerdem dabei: Luca N. S. aus Heidenau, ein mutmaßlicher Mittäter beim Überfall auf die Plakatierteams
Die Propaganda des rechts-nationalistischen Lagers von Freie Sachsen über AfD hat bei der Gruppe um Quentin M. J. offenbar verfangen und sie in ihrem Vorgehen bestärkt. Etwas mehr als 48 Stunden nach dem Besuch der Kundgebungen schlugen er und seine Begleiter im Stadtteil Striesen zu.